Kurt und Iris Mösching führen das Restaurant Sonne im Berner Seeland. Fehlt Gemüse, so ist es im grössten Anbaugebiet der Schweiz schnell besorgt.
Den dritten Kaffe hat Kurt Mösching gerade vor sich. Der letzte für heute. Es ist 9 Uhr morgens und Arbeitsbeginn in der Küche des Restaurants Sonne. Sein Pendlerweg sind die 11 Stufen vom ersten Stock des ehemaligen Bauernhauses hinunter ins Erdgeschoss. Die Kinder sind schon weg und bei der Arbeit, seine Frau Iris deckt bereits die Tische für den nächsten Ansturm auf. Das Hündchen Mische zottelt mal ihr hinterher, mal liegt es faul auf der Sitzbank in der Gaststube.
Seit 2008 verpflichten der Michelin-Stern und die 17 Gault & Millau-Punkte die Möschings.
Kurt Mösching durchquert die Küche, schnappt sich die Autoschlüssel und will kurz dem Bio-Hofladen Maurer im Nachbardorf einen Besuch abstatten. Der violette Federkohl fehlt. «Ah, der Sonne-Koch», begrüsst ihrn die muntere Verkäuferin im Laden in Diessbach. Sofort gehts retour ins Sternelokal, wo die Küchenbrigade mit den Desserts beschäftigt ist.
Kurt Mösching macht sich ans Filetieren des Steinbutts. Dieser landet am Mittag im Menü, die Bundesrätin Karin Keller-Sutter hätte als Pescetarierein ihre wahre Freude daran gehabt. Sie kam kürzlich mit ihren Ratskollegen und einer Entourage fürs Weihnachtsessen nach Scheuenenberg. Der Dankesbrief des Bundesrats hängt gold gerahmt neben dem Kachelofen. Gerade an Feiertagen tischt Kurt Mösching Luxuriöses auf, das wollen seine Gäste so. Beim Hummer hilft ihm sein Abwascher, denn der Chef mag das Aufbrechen der Krusten nicht. Sein Angestellter hat auch sonst einen Berg an Arbeit: ist das Restaurant ausgebucht, fallen bis Feierabend 600 schmutzige Teller an.
Die Türe des Restaurants steht offen, der Boden noch nass vom Putzen, aus den Boxen ertönt Simon & Garfunkel. Es riecht nach Bratkartoffeln, Rosmarin und Schweinebraten. Iris Mösching ist hungrig und füllt den Teller. Es ist 11.05 Uhr. Gespiesen wird am runden Stammtisch in der Gaststube, Möschings erteilen ihrem Team die letzten Anweisungen. Ein Gast hat fünf Portionen Foie Gras in Form von Äpfeln vorbestellt.
Zurück in der Küche, wo die Radionachrichten laufen, beginnt der Mittagsservice. Während dort genug Mitarbeitende sind, muss der Küchenpraktikant im Service aushelfen. Sonst wäre Iris Mösching ganz allein. Und sie könne schon so nicht gut abschalten, sagt ihr Mann. Zumindest schlechter als er, der in der Zimmerstunde am Nachmittag Soaps schaut. Die Spulfunktion des TVs nutzt er, wenn es zu kitschig oder zu langweilig wird. Am Nachmittag findet man ihn oft in seiner Bibliothek, wo er ein ganzes Gestellt voller Kochbücher hat. Inspiration für seine Gerichte holt er sich beim Durchblättern der Bücher. Fein säuberlich geordnet, denn so mag er es. Von New York bis Tokio – jeder Kochstil der Welt in einem Zimmer vereint.
Wenn es eindunkelt, feuert Kurt Mösching die drei Cheminées ein, und sofort wird es noch heimeliger. Seit dem Lockdown gönnen sich die Möschings einen freien Abend und schliessen ihre Sonne am Sonntag. So hat auch Kurt Mösching Zeit, in die Flammen zu blicken und über die Woche und die nächsten Gerichte zu sinnieren.