Guy Ravet, Lucrèce Lacchio & viel EHL-Power!

So viel Personal wie Gäste: Die Starchefs haben an der École Hôtelière Lausanne mit grosser Kelle angerührt

 

SECHS GERICHTE, SECHS WEINE. 

Ein Vierhänder mit diesem Personalaufwand ist nur an der EHL möglich: Für 44 Gäste stehen ganze 15 Personen in der Küche, die Abwäscher gar nicht mitgezählt. Und im Service hat es nochmal so viele Mitarbeiter. Verantwortlich für die sechs Gerichte an diesem Abend sind Lucrèce Lacchio, die hiesige Küchenchefin (zuvor im «Flacon», Carouge GE, 15 Punkte), und Guy Ravet («Emotions» im Swiss Deluxe Hotel du Lac, Vevey VD, 17 Punkte). Der Sommelier Marc-Henri Mialon schliesslich hat sechs der schönsten Weine der Region ausgesucht; teilweise sind die Rebberge vom Restaurant aus sogar fast zu erblicken.

 

 

ZUFALL? UBS-LOGO ALS AMUSE-BOUCHE.

Es erstaunt wenig, dass die beiden Küchenchefs kurz vor Einlass der Gäste ruhig und entspannt wirken. Mit den Amuse-Bouches holen sie sich auch schon die ersten Punkte: knusprige Teigkissen mit Champignon-Haselnussfüllung. Köstliche Sandwiches, die mit Ochsenschwanz und Kirsche gefüllt sind. Zitronige Gruyère-Gougères. Zufall, dass die Entenleberterrine in roter Feigensphäre, serviert auf schwarzem Holzlöffel, entfernt ans Logo der UBS erinnert, die den Abend organisiert hat? «So war das zumindest nicht geplant», schmunzelt Ravet.

 

 

 

GUY RAVET SCHLEICHT SICH AN. 

Schon bald serviert der Präsident der «Grandes Tables Suisse» seine erste Vorspeise, mit welcher er sich, was die Aromen angeht, fast auf Samtpfoten anschleicht: Carpaccio von der Jakobsmuschel mit leicht säuerlichem Joghurtschaum, erdigem Randensud und einigen vorsichtig pikanten Würfelchen Fenchel-Kimchi. Perfekt ergänzt wird das Gericht vom immer wieder verblüffenden Chenin Blanc «Salix» von der Domaine Louis Bovard.

 

FISCH UND ERDBEEREN – SO GEHT FRÜHLING BEI LUCRÈCE LACCHIO.

Wie gekonnt Lucrèce Lacchio Zutaten kombiniert, zeigt sie in Folge mit einigen Tranchen vom Adlerfisch: Die Filets wurden erst eine Stunde lang in Salz und Zucker eingelegt, dann bei 43 Grad sous-vide gegart, fein tranchiert, schliesslich kräftig abgeflämmt, was man am Ende angenehm herausschmeckt. Ergänzt wird der Fisch mit perfektem Biss von (selbstverständlich geschälten) Erbsen, etwas Minzecreme für die grünen Aromen. Und Erdbeeren! Das ist nicht nur farblich hübsch, sondern schmeckt auch raffiniert: Wer alles zusammen auf die Gabel lädt, hat einen Mund voller Frühling!

 

 

«PULLED PIGEON» VERSTECKT IN EINER KUGEL! 

Guy Ravet verblüfft mit dem ersten Hauptgang gleichermassen: Weil er es schafft, seine herrlich dünnen Agnolotti mit Schafsricotta-Füllung und Bergamotte mit einem Schaum aus Hafer und peruanischem Kaffee zu vermählen. Das funktioniert! Einen weiteren Höhepunkt setzt die Herrin des Hauses mit einer zarten, wunderbar rosa Taubenbrust, die sie mit Artischockenböden, -chips und -creme anrichtet. Ein weiterer Aroma-Twist: kleine Kügelchen vom grünen Apfel! Ganz zurückhaltend legt sich zudem ein Hauch von Bärlauch übers Gericht, er kommt von einigen Tropfen aromatisiertem Öl. Was ist in der frittierten Kugel, die frech auch noch auf dem Teller liegt? «Pulled Pigeon»!

 

 

KÄSEGANG MIT SALZIGEM GLACE. 

Der flinke und hervorragend orchestrierte Service legt Brot nach, gibt den weissen Süsswein «Quentus» 2021 von der Domaine Les Frères Dubois ins Glas. Nun kommt der Käsegang von Ravet: ein mit Kräutern dekorierter bröckeliger Schafsfrischkäse mit Sauerampferglace und Blütenpollen. Da werden in Sachen Säure, Süsse, Bitter-und Salzigkeit nochmals alle Register gezogen. Bevor Lucrèce Lacchio zusammen mit ihrem Patissier Marc Turcas nachlegt: Mit verschiedenen Texturen von schwarzer Schokolade und Rande. Hier wird übrigens deutlich, was Sommelier Mialon im Gespräch mit Gabriel Lamon von der UBS mit seinem überraschenden Tipp für die perfekte Mariagen gemeint hat: «In 90 Prozent aller Fälle reicht es, wenn die Farben von Wein und Speisen zueinander passen!» Der Gamar’one, ein dunkler, kräftiger Gamaret im Amarone-Stil, ergänzt das Dessert farblich – und eben auch geschmacklich – perfekt.