MICHÈLE MEIER, SIE HABEN GERADE DAS LUCERNE FESTIVAL HINTER SICH. HATTEN SIE IMMER FULL HOUSE?
Ehrlich gesagt nicht. Das liegt daran, dass die Konzerte nicht immer voll ausgebucht waren. Es war aber trotzdem sehr stressig. Denn wir hatten eigentlich immer drei Seatings pro Abend: für die Gäste vor dem Konzert, die regulären Gäste und die Gäste, die nach dem Konzert noch essen wollten. Um 22 Uhr haben wir also nochmals voll geschickt.
KOMMT JETZT EINE RUHIGERE PHASE?
Im Gegenteil. Der Sommer ist bei uns eher etwas ruhiger, weil wir keine Terrasse haben. Im Oktober machen wir zwar noch eine Woche Ferien. Danach geht es wieder voll los. Wir haben viele Anfragen für Weihnachtessen, es gibt Bankette und auch das Mittagsgeschäft zieht wieder an. Man merkt, dass die Leute wieder kommen wollen. Hoffen wir, dass uns Corona keinen Strich durch die Rechnung macht – man weiss ja schliesslich nie. Auch bezüglich Personalmangel, Waren- und Energiekosten mache ich mir etwas Sorgen, wie es weitergeht. Der Schweizer spart ja gerne, vielleicht schränkt er sich dann beim auswärts essen ein. Es ist einfach eine neue Challenge, die auf uns zukommt.
UND WIE IST DIE PERSONAL-SITUATION IM «LUCIDE»?
Holz anfassen: Im Moment gut. Ich habe ein gutes Team. Einen Lehrling in der Küche und zwei im Service. Aber Isak, der schon bei mir im «Red» die Servicelehre gemacht hat, will nach sechs Jahren weiterziehen. Das verstehe ich gut, er will sich schliesslich weiterentwickeln. Aber es ist nicht einfach, eine gute Nachfolge zu finden.
SIE MACHEN BEIM SWISSTAINABLE VEGGIE DAY MIT. WIE SIEHT DER KONKRET AUS?
Ich finde das eine gute Sache und ich habe gleich gesagt, wir wollen da mitmachen. Denn wir servieren auch sonst immer ein Vegi-Menü. Am 1. Oktober werden wir das etwas ergänzen, damit sich das etwas abhebt. Vegetarismus war schon immer ein Thema. Aber jetzt merke ich, dass es auch wirklich bei den Leuten ankommt. Bei uns kann man zwischen den Menüs switchen und viele Gäste, die Fleisch oder Fisch essen, machen davon Gebrauch und wählen auch mal einen Vegi-Gang.
FÄLLT ES IHNEN SCHWER, EIN GERICHT OHNE FLEISCH ODER FISCH ZU KREIEREN?
Ich habe bei Nik Gygax im «Löwen Thörigen» sehr klassisch kochen gelernt. Da habe ich mich mit vegetarischen Gerichten am Anfang schon schwer getan. Aber mit der Zeit wird es immer einfacher. Man setzt sich mit dem Thema auseinander, fängt an zu spielen, macht mal einen veganen Jus. Aber ich befinde mich noch immer in der Entwicklung.
UND WO STEHEN SIE AKTUELL? WIE SETZEN SIE GEMÜSE IN SZENE?
Es kommt ein bisschen darauf an, ob wir vegi oder vegan kochen. Vegi ist etwas einfacher, weil es noch mehr Möglichkeiten gibt. Bei veganen Gerichten setze ich das Gemüse ins Zentrum und serviere es in verschiedenen Konsistenzen. Eine Rande mache ich zum Beispiel im Ofen, pickle sie, mache eine Crème oder ziehe einen Sud daraus. Bei einem Vegi-Gericht kann ich natürlich noch Geisskäse dazu servieren.
MÖGEN SIE DIE VEGANE KÜCHE?
Vegan ist nochmals eine andere Herausforderung, aber ich finde es unglaublich spannend. Und ich freue mich richtig, wenn etwas wirklich gut ist. Im Sommer hatten wir einen Apéro, da waren Vegis und Veganer dabei. Ich entschied mich, den ganzen Apéro vegan zu gestalten. Im Vorfeld macht man sich schon Gedanken, ob einige nicht enttäuscht sind, wenn es kein Fleisch und Fisch gibt. Aber ich hatte nur positives Feedback.
WELCHES GEMÜSE BEREITEN SIE IN DER KOMMENDEN JAHRESZEIT BESONDERS GERNE ZU?
Ich bin ein Fan von Kohlgemüse. Kabis, Wirz, Spitzkabis, Rotkohl. Ich mag alles, auch Pastinaken oder Schwarzwurzeln. Ich finde, der Winter hat richtig viel schöne Gemüsesorten.
MOCHTEN SIE ALS KIND GEMÜSE?
Ja, sehr. Bei uns hat es immer Gemüse oder Salat gegeben, das gehörte dazu. Mein Vater hat sich immer viel Mühe gegeben. Das Rotkraut hat er x Tage im Kühlschrank mariniert und dann lange gekocht. Die Randen für seinen Randensalat lagen lange im Essig. An diese beiden Gerichte erinnere ich mich gut und darauf habe ich mich immer gefreut.
MUSS MAN FÜR GEMÜSEGERICHTE IMMER SO VIEL AUFWAND BETREIBEN?
Das würde ich nicht so pauschal sagen. Es gibt so viele Produkte, die pur gut sind. Viel wichtiger ist die Qualität. Etwas aus dem eigenen Garten schmeckt einfach besser. Das Gleiche gilt auch für Früchte: Wenn du ein gutes Grundprodukt hast, braucht es gar nicht viel dazu. Und mit den Garmethoden kann man viel erreichen. Wenn man etwas im Ofen zubereitet, wird dem Gemüse Wasser entzogen und der Geschmack wird intensiver.
ANFANGS DES JAHRES HABEN SIE GESAGT, SIE WOLLEN UNBEDINGT INS «MAGDALENA» IN RICKENBACH. HABEN SIE ES GESCHAFFT?
Ja. Und es war mega! Fleisch und Fisch vermisst man wirklich null. Was Dominik Hartmann und seine Crew dort machen, ist wirklich auf sehr hohem Level. Ich war sehr beeindruckt.
UND BEI WEM GEHEN SIE ALS NÄCHSTES ESSEN?
In den Weihnachtsferien gehe ich ein paar Tage nach Berlin. Dort gibt es enorm viele gute vegetarische Restaurants, wir werden einige ausprobieren. Ich muss jetzt unbedingt reservieren.